DDR-Altvermögen für die Rettung der Kirche in Laue
Dass die Kirche die Menschen bewegen soll ist gut und ihre Aufgabe. Wenn sich aber die Kirche selber bewegt, kann das fatale Folgen haben. So geschehen in Laue: Die Kirche im Delitzscher Ortsteil ist offensichtlich seit etlichen Jahren in Bewegung. Immer wieder taten sich am Gotteshaus neue Risse im Mauerwerk auf. Die Suche nach den Ursachen dauerte Jahre. Experten vermuteten zunächst, dass da ein Bergbauschaden dahinterstecken könnte. Ein Baugrundgutachten wurde erstellt – das Fazit der Expertise war und ist für alle Beteiligten ernüchtern: Die Kirche in Laue wurde einst auf einer Lehmlinse errichtet, die auf dem Grundwasser „schwimmt“ und so ständig in Bewegung ist! Dies begründet die Rissbildung an unerklärlichen Stellen – Gefahr in Verzug.
Zum Glück für die Kirche gibt es in Laue eine aktive und engagierte Kirchengemeinde. Die hatte schnell erkannt, dass man das Gebäude erst einmal stabilisieren muss, ehe man an irgendwelche andere Sanierungsarbeiten denken kann. Mit Pfarrer Matthias Taatz an der Spitze wurden Fachleute vor Ort geholt, die von Statik und Kirchbau eine Ahnung haben. Das Mauerwerk wurde in allen vier Himmelsrichtungen durchbohrt und mittels Eisenanker gesichert. Matthias Taatz: „Wir haben unserer Kirche praktisch ein Korsett verpasst! So kann sie sich auf der Lehmlinse als ‚Ganzes‘ bewegen.“ Allein diese Aktion hat locker über 200 T€ verschlungen – Dank vieler Fördermittel wurde die Summe aufgebracht. Doch auch Eigenmittel stehen da immer zu Buche, wofür die Gemeinde Sorge zu tragen hat. Es wurden Konzerte veranstaltet und Spenden gesammelt. Auch Eigenleistungen sind für die Gemeindemitglieder kein Thema. Der sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Jörg Kiesewetter lebt in Laue und ist der Vorsitzende der Kirchgemeinde. Er stellt fest: „Eigenleistungen werden bei uns immer groß geschrieben.“ Zudem hat die Kirchgemeinde in den letzten Jahren immer wieder Unterstützung durch den ortsansässigen Verein ‚Laue, Land und Leute‘ erhalten“. Viele Menschen hätten sich in der Vergangenheit für den Erhalt der Kirche eingesetzt, „egal ob durch freiwillige Arbeitsleistung, Spende oder in sonstiger Weise.“
Am Montag, 23. Mai 2022, hatte Jörg Kiesewetter die Mitglieder des Gemeindekirchenrates vor die Kirche eingeladen. Mit zugegen auch Dr. Manfred Wilde – Oberbürgermeister von Delitzsch. Dieser hatte eine interessante Akte dabei: Originalrechnungen aus dem Kirchenarchiv von anno 1740, als der Neuaufbau der Kirche in Laue die Gemeindeältesten bewegte. Manfred Wilde nutzte die Gunst der Stunde und lobte Pfarrer Matthias Taatz, der als Mitglied des kirchenkreislichen Bauausschusses in den vergangenen Jahren viel für die Kirchen in der Region in und um Delitzsch getan hat. O-Ton Wilde: „Ohne Pfarrer Taatz hätten wir schon so manche Kirche dem Verfall preisgeben müssen!“
Jörg Kiesewetter hatte einen Scheck in petto. Einen großen! 250.000 € – für die weitere Sanierung der Kirche und vom Freistaat Sachsen. Da kam unter den Anwesenden natürlich Freude auf und die Frage, woher denn der unverhoffte Geldsegen stamme. Der Landtagsabgeordnete konnte das schnell erklären: Sonderfördermittel aus dem PMO-Vermögen! Jetzt kann also die weitere Sanierung der Kirche in Angriff genommen werden. Als nächstes soll das Dach an die Reihe kommen und der Außenputz. Doch auch in der Kirche gibt es noch jede Menge zu tun – die Lauer Kirchengemeinde wird sicherlich das Ihrige tun, um auch diese Hürden zu meistern. OBM Wilde: „Jedes Dorf braucht seine Mitte! In Laue sind wir auf dem besten Weg, diese Mitte wieder zum Mittelpunkt werden zu lassen…“. Andreas Bechert
Hintergrund: PMO-Mittel stammen aus Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, das nach der Wiedervereinigung durch die Treuhandanstalt verwaltet wurde. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), die vom Bundesfinanzministerium als Treuhandnachfolge eingesetzt worden war, hat auf juristischem Wege auch die Herausgabe von Vermögenswerten erwirkt, die zu Unrecht auf andere Konten transferiert wurden. Das verfügbare Vermögen wird auf Basis der Einwohnerzahl zum 31.12.1991 auf die ostdeutschen Bundesländer verteilt. Der Freistaat Sachsen erhielt knapp 30% der Mittel. Der Einigungsvertrag legt zur Mittelverwendung fest: Die ostdeutschen Länder müssen das Geld für Maßnahmen der wirtschaftlichen Umstrukturierung oder für investive oder investitionsfördernde Maßnahmen im sozialen und kulturellen Bereich einsetzen. Im Januar 2022 wurden diese ‘PMO-Mittel’ durch die Sächsische Staatsregierung freigegeben. Andreas Bechert
Kirchen-Vita: Das Gotteshaus im Delitzscher Ortsteil Laue – 1739 an Stelle eines älteren Baus errichtet – ist eine barocke Saalkirche mit Dachreiter und Turm im Westen und einem Patronatslogen-Anbau im Norden. Der Altar hat einen wandartigen, klassisch barocken Portikuskanzelaufsatz aus Holz mit einem fünfseitigen Kanzelkorb. Das Holz am Altar, an den barocken Emporen und an der Patronatsloge im Norden ist marmoriert. Zur Innenausstattung der Kirche gehören eine Mauernische in der südlichen Saalwand mit spätgotischer Eisengittertür und eine Sandsteintaufe von 1591, Fuß und Kuppa aus Sandstein, der Schaft aus Backstein provisorisch nachgemauert.
Das Bankgestühl ist einfach, mit geraden Wangen. Die Patronatsloge an der nördlichen Saalwand mit ihren Scheiben aus alten, mundgeblasenem Glas ragt kastenförmig in den Kirchenraum hinein. Die barocken Emporen stammen aus der Zeit um 1739. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt die Orgel mit dreiteiligem Prospekt – sie wurde vom Eilenburger Orgelbaumeister Conrad Geißler gebaut. Der Glockenturm beherbergt eine spätgotische Bronzeglocke aus dem frühen 15. Jahrhundert. Die Kirche wurde von 1964 bis 1970 renoviert. Inzwischen fanden weitere Arbeiten und Notsicherungsmaßnahmen zur Erhaltung der Bausubstanz statt.
Kirche Laue braucht noch viel Arbeit
Immer wieder Risse. Die Kirche im Delitzscher Ortsteil Laue ist offensichtlich in Bewegung. Doch ob dahinter wirklich sein Bergbauschaden steckt, ist gar nicht so leicht nachweisbar.
Laue. Sie heißen Axel, Enrico oder Jörg – zum Beispiel. Sie steigen der Kirche auch mal aufs Dach, um Sturmschäden wie nach Friederike zu beheben. Ohne solche Leute würde es wohl deutlich schlechter bestellt sein um die schmucke Dorfkirche im Delitzscher Ortsteil Laue. Doch langsam kommt man an einen Punkt, wo es mehr als Bürgerengagement braucht.
Gemeinde braucht Hilfe
Davon ist Jörg Kiesewetter mittlerweile überzeugt. Der CDU-Landtagsabgeordnete lebt in Laue, ist der Vorsitzende der Kirchgemeinde, bringt die Orgel regelmäßig zum Klingen. Die Gemeinde war immer bestrebt, das 1739 errichtete Gotteshaus bestmöglich zu erhalten. Zu der Reihe von Sanierungsmaßnahmen zählen Sakristei, Dachstuhl, das neue Dach auf der Südseite, Ausbesserungen des Daches auf der Nordseite, Glockenstuhl, Läuteanlage, Bankheizung und diverse Renovierungen im Innenraum. Zehntausende Euro sind geflossen. „Eigenleistung wurde bei uns immer groß geschrieben“, sagt Jörg Kiesewetter, „zudem haben wir in den vergangenen Jahren auch immer Unterstützung durch den Verein, Laue, Land und Leute’ erfahren“, lobt der 37-Jährige. Da wurden Konzerte gegeben und Spenden gesammelt. Viele Menschen hätten sich in der Vergangenheit für den Erhalt eingesetzt, dankt der Berufspolitiker, „egal ob durch freiwillige Arbeitsleistung, Spende oder in sonstiger Weise.“ So kam Geld zusammen, das in die Kirche floss. Und in ein Baugrundgutachten.
Das Papier allerdings macht wenig Hoffnung. Die Risse im Gemäuer nehmen zu, die gesetzten Messpunkte zeigen, dass sich das Gebäude bewegt. Um substanzielle Sanierungen am Gotteshaus kommt die Gemeinde demnach nun also nicht mehr herum. Wie genau die aussehen sollen, müssen die Fachleute noch im Detail definieren. Allerdings stehen die Chancen immer schlechter, dass der Bergbausanierer LMBV für Schäden aufkommen wird. Ein Bergbauschaden ist nicht eindeutig nachweisbar. Wie hoch die Kosten einer Sanierung ausfallen, ist noch nicht abschließend geklärt. Unter sechsstelliger Finanzlast wird es wohl nicht gehen.
Spenden nötig
Die finanzielle Leistungsfähigkeit der kleinen Gemeinde sei nun aber langsam erreicht, schildert Jörg Kiesewetter. „Zur Aufbringung der nötigen Ko-Finanzierung von Förderprogrammen brauchen wir entsprechende Eigenmittel. Von daher würden wir uns über jede Spende freuen“, betont der Kirchenfreund.
Quelle: LVZ | 06.03.2018 | Christine Jacob